Makrofotografie

November 16, 2013
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in Macro

Ich bin eigentlich kein Profi in der Makrofotografie (oder in der Naturfotografie allgemein). Meinen Bildern fehlt oftmals die durchgängige Schärfe des Motivs, ich vermeide in den meisten Fällen das Ablichten an der Naheinstellgrenze und kann daher auch nicht mit beeindruckenden, großen Abbildungsmaßstäben dienen. Dies ist aber eben immer ein bisschen eine Frage des Geschmacks. Ich mag den eher kleineren Abbildungsmaßstab, lege viel Wert auf den Bildaufbau und spiele gern mit dem Schärfeverlauf.

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Daher will ich diesen Artikel nutzen, ein paar Empfehlungen zu einem für meinen Geschmack ansprechenden Insektenfoto zu formulieren.

Manuell fokussieren

Ich mache meine Makrobilder ausschließlich mit manuellem Fokus. Dabei stelle ich einen fixen Abbildungsmaßstab ein und fokussiere das Motiv durch Bewegung der Kamera. Man muss sich also nur noch so weit auf das Motiv zu bewegen, bis es in dem vorausgewählten Schärfebereich liegt. Das sind meist nur Millimeter-Bewegungen. Heißt: Man bewegt sich mit dem Tier mit.
Will man die Bildgestaltung ändern oder aus anderen Gründen einen veränderten Abbildungsmaßstab erreichen, muss man nur wenige Millimeter am Objektiv drehen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Benutzt man hingegen den AF, durchläuft das Objektiv im schlimmsten Fall erstmal den gesamten Schärfebereich, der zur Verfügung steht. Und das kann mitunter ewig dauern (auch AF-C macht es nicht besser) – jedenfalls zu lang für Insekten, die jeden Moment wegfliegen können.

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Das manuelle Fokussieren ist besonders am Anfang eine Frage der Übung und Erfahrung und ist nicht immer einfach. Aber mit der Zeit ist dies das schnellste und sicherste Verfahren.

Bildaufbau: Mut zum kleinen Abbildungsmaßstab

Zu den wichtigsten Dingen in der Makrofotografie gehört für mich der Bildaufbau.

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Dabei kommt es mir selten auf einen besonders großen Abbildungsmaßstab (ABM) an, sondern viel eher geht es mir darum, wie die einzelnen Linien durch das Bild führen, wie die Lichtreflexe mit dem Motiv zusammenarbeiten, wie der Hintergrund mit dem Motiv harmoniert.

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Gerade als Anfänger in der Makrofotografie versucht man oft, das Motiv in besonders großem ABM auf das Bild zu bannen. Diese Form der Makrofotografie ist aber eine Kunst für sich und gelingt eigentlich nur mit dem Stativ.
Versuche am Anfang und vor allem bei der Freihand-Fotografie auf diesen extremen Abbildungsmaßstab zu verzichten. Der Vorteil daran ist: Wenn du etwas weiter vom Motiv weg bist/das Motiv in kleinerem ABM fotografierst, hast du automatisch einen größeren Schärfebereich. Das wiederum führt dazu, dass das Motiv bestenfalls komplett im Schärfebereich liegt.

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Freistellung durch die richtige Blende

Worauf in der Makrofotografie viel Wert gelegt wird, ist die Freistellung. Dabei geht es nicht immer darum, dass der Hintergrund komplett sauber sein muss, aber das Motiv sollte sich zumindest abheben. Damit dies gelingt ist ein unruhiger Hintergrund möglichst zu vermeiden. Dazu gehört es manchmal, dass man die Umgebung etwas aufräumt, indem man zum Beispiel störende Äste und Gräser beseitigt. Für die perfekte Freistellung ist es hilfreich, wenn der Hintergrund etwas weiter vom Motiv entfernt ist.

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Für die Weichzeichnung des Hintergrunds nutze ich meist eine Blende zwischen 4 und 5. Die gewählte Blende ist jedoch entscheidend für die Größe des Schärfebereichs. Daher ist die Wahl der Blende grundsätzlich abhängig vom gewünschten ABM des Motivs. Einfache Faustregel: Je größer der ABM, desto höher sollte die gewählte Blendenzahl sein.

Hohe ISO ist schlecht für die Details

Viele meinen, dass sie bei der Makrofotografie mit einer möglichst hohen Blendenzahl arbeiten müssen. Wie bereits erläutert hängt dies allein vom gewählten ABM ab. Auch mit Blende 5 kann man noch sehr ansprechende und scharfe Insektenfotos machen, wenn man etwas Abstand zum Motiv hält und den Schärfebereich somit vergrößert.

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Eine zu hohe Blendenzahl hat bei der Makrofotografie nämlich einen ganz entscheidenden Nachteil – sofern man Freihand fotografiert: Um noch ein scharfes Foto zu erhalten, sollte die Verschlusszeit bei um die 1/200s liegen. Schließt man nun die Blende durch die Wahl eines hohen Blendenwertes (zum Beispiel 10 oder 11) wird das Motiv in den meisten Fällen nicht ausreichend belichtet. Dies muss mit einem entsprechenden ISO-Wert ausgeglichen werden. Je höher der ISO-Wert, umso stärker rauscht das Bild und im schlimmsten Fall gehen die feinen Details des Motivs dadurch verloren. Und gerade das will man bei der Makrofotografie nicht erreichen. Daher versuche ich meist einen Wert von ISO 400 nicht zu übersteigen.
Mit einer Blendenzahl von 8 und mehr sollte man demnach am besten nur mit dem Stativ und einer Pflanzenklammer fotografieren. Mit diesen Hilfsmitteln kann man auch mal mit einer sehr viel niedrigeren Verschlusszeit arbeiten und muss die hohe Blendenzahl nicht mehr über die ISO ausgleichen.

Stativ bei großem ABM

Tagsüber kannst du das Stativ vergessen. Die Insekten sind ja schließlich alle in Bewegung – ein Stativ wird dir nichts nützen. Am Morgen oder Abend, wenn die Insekten zur Ruhe kommen oder sich noch in der Morgenstarre befinden, solltest du es ruhig mit Stativ probieren – sofern es windstill ist. Dann kannst du es auch mit extremen Abbildungsmaßstäben versuchen. Durch die Wahl einer entsprechenden Blendenzahl kannst du dann einen möglichst großen Schärfebereich erzeugen, so dass die vielen Details der Insekten durchgängig scharf gestellt sind.

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Das ist übrigens das so ziemlich einzige Makrofoto von mir, das in diesem Jahr wirklich mit dem Stativ entstanden ist.

Verschlusszeit bei Freihand!

Wer wie ich auf das Stativ verzichten will (was vor allem am Tage Sinn macht), sollte anfangs mit der Verschlusszeit nicht unter 1/200s liegen. Der Grund: Man selbst bewegt sich immer leicht, die Insekten auf ihren Gräsern sind immer leicht in Bewegung usw. Daher 1/200s oder höher. Mit etwas Übung und einer ruhigen Hand und bei absoluter Windstille kann man notfalls aber auch schon mal mit einer niedrigeren Verschlusszeit arbeiten – meine untere Grenze liegt da bei ca. 1/80s.

Licht: Natürlich, nicht geblitzt

Viele Anfänger meinen, dass man die Bewegungen der Insekten am besten mit Hilfe eines Blitzes einfrieren kann. Ich bin allerdings ein Gegner des direkten Blitzes, wenn es um das Fotografieren von Tieren (auch Kindern) geht. Tiere blitzt man nicht an – die wissen ja gar nicht, was ihnen da geschieht. Dazu kommt, dass der direkte Blitz zu einem sehr unnatürlich wirkendem Bild führt und auch nicht gegen Unschärfen hilft. Für den Einsatz von Blitzlicht, sollte man sich schon wirklich gut damit auskennen und vor allem nur indirekt blitzen. Ich habe bisher nur sehr wenige Bilder gesehen, bei denen der Blitz richtig eingesetzt wurde und zu einem natürlich wirkenden Bild geführt hat.

Auch direktes Sonnenlicht sollte bei der Makrofotografie vermieden werden. Dieses ergibt zu hartes Licht und führt im schlimmsten Fall zu unschönen Reflexionen auf dem Insekt. Im besten Falle sitzt das Insekt selbst im Schatten und der Hintergrund liegt in der Sonne. Für die Makrofotografie am Tage eignet sich am besten ein ganz leicht bewölkter Himmel – mit ganz dünnen Schleierwolken, die das Licht noch ausreichend hindurch lassen, dabei aber für ein sehr weiches Licht sorgen.

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Ganz besonders wirken natürlich die Bilder, die im Licht der auf- oder untergehenden Sonne gemacht werden. Am Abend und am frühen Morgen ist das Licht besonders weich. Die sanften Rottöne der Sonne geben den Bildern eine besondere Atmosphäre, die sich auf jeden Fall lohnt. Da ich eher ein Langschläfer bin, sind meine Bilder in den meisten Fällen bei Abendlicht entstanden:

Wie immer: Üben

Das alles ist längst nicht das „Ende der Fahnenstange“. Insgesamt gilt, das viel Übung nötig ist, um an die richtig guten Bilder ranzukommen. Insbesondere die Bilder, die einen sehr großen Abbildungsmaßstab zeigen und trotz hoher Blendenzahl eine optimale Freistellung vorweisen, sind eine Klasse für sich.
Nun ist aber erst einmal wieder Warten angesagt – bis zum nächsten Jahr, zur nächsten Makrosaison.

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